Lieber Taubenzüchter,

 

"Eher schaffe ich Frau und Kinder ab, als meine Tauben!"

Das ist ein Zitat meines Vaters. Damit hat er gerne Nichttaubenzüchter geschockt, die von ihm wissen wollten, was ihm die Tauben bedeuten.

Ich hätte wirklich gerne gewusst, ob er seine Drohung wahrgemacht hätte. Da er aber bis zu seinem Tod aktiver Taubenzüchter war, konnte die Frage niemals beantwortet werden. Ich bin mir aber sicher, dass ich heute ein Scheidungskind wäre, wenn unsere Mutter ihn aufgefordert hätte, die Tauben abzuschaffen.

Meinen Bruder Richard hätte er wahrscheinlich nicht abgeschafft. Richard war auf seine Art genauso taubenverrückt wie mein Vater. Wenn ich meinen Mitmenschen erzähle, dass ich eine schwere Taubenstauballergie habe und trotzdem weiterhin Tauben halte, dann stößt man auf tiefstes Unverständnis.

Diese Allergie ist eigentlich verantwortlich dafür, dass wir seit 12 Jahren Volieren und Mobile Taubenschläge herstellen, die die Federstaubbelastung erträglich machen.

 

Die meisten von uns haben seit der Kindheit Tauben. Ich selbst bin in einer Zechenkolonie mitten im Ruhrgebiet groß geworden. Auf jedem Dach saßen Tauben und sonntags war es in unserem Garten fast so voll wie auf Schalke. Mein Vater und mein Bruder Richard reisten in der RV Herne mit damals über 700 reisenden Schlägen. Auf der ersten Preistour im Frühjahr wurden über 60.000,-- DM gesetzt. Schon damals kostete ein "Dicker" 39,-- DM. War er "drin" gingen wir abends bei Pfetzing essen, haute er "platt" hat mein Vater auf der Zeche eine "Doppelt" gemacht.

Im Herbst waren die Vereinsausstellungen so gut besucht, dass die Züchter in Dreierreihen an der Theke standen. Eine Live-Kapelle war überall dabei, in der mein Bruder Ferdinand übrigens Akkordeon spielte. Jede Regierung wäre sofort abgewählt worden, wenn sie das Rauchen in Kneipen verboten hätte.

Sogar die Nachbarn waren eng mit dem Taubensport verbunden. Sie haben 5,-- DM "B" gesetzt oder Dreierserien gespielt. Es gab einen "Strassentip", mit über 200,-- DM im Pott.

 

Ja, warum erzähl ich Ihnen das alles. Ich weiß, dass wir die Uhr nicht zurückdrehen können. 

Wohin der Taubensport geht, wissen wir ja alle.

 

Also lasst uns das Beste daraus machen!